Fakt ist: Die Aktivierung der eigenen Veränderungsenergie hat so ihre Tücken. Am ersten Tag des Jahres kann diese noch fulminant hoch sein, um dann nach einer Woche plötzlich in ungeahnte Tiefen hinabzurauschen. Der Alltagstrott kommt ihr dazwischen, der immer ein paar gemütliche Komfortzonen und willkommene Ablenkungen bereithält. Übersetzt in die Change-Formel[1]: Die drei Faktoren, die zusammen größer als der innere Widerstand sein müssen, halten sich bedeckt: Die Unzufriedenheit ist um Relativierung bemüht, die Vision lässt sich nicht greifen und damit fehlt die Motivation für erste zielführende Schritte.

 

Im Unternehmensalltag kann es mit der Veränderungsenergie ähnlich tückisch sein. Change-Prozesse brauchen enorm viel davon, dazu noch Geduld und Durchhaltevermögen. Die notwendige Energie-Mobilisierung kann nicht nur von einer Person ausgehen, sie muss von vielen handelnden Personen aufgebracht werden und sich auf möglichst viele weitere übertragen. Um diese Energiekaskade (immer wieder) zu aktivieren, macht es durchaus Sinn, sich auch externe Unterstützung ins Haus zu holen. Mit dem Blick von außen findet sich meist deutlich schneller die Antwort auf die Frage: Wer hat die Macht, die Mittel und den Willen zur Veränderung?

 

Wie du die Tücken des Change umgehen kannst

Was jetzt wie der Trailer für einen Actionthriller daherkommt, ist viel mehr konkretes Handwerkszeug. Denn um etwas bewirken zu können, ist es sinnvoll, alle Beteiligten in Bezug auf Macht, Mittel und Willen hin anzuschauen. Wer steht wie zur anstehenden Veränderung? Wie stehen die Beteiligten zueinander? Wen braucht es, um das Vorhaben umzusetzen? Im Fokus steht in der Regel die Triade aus CEO / Geschäftsführung, Führungsteam und Mitarbeitenden. Innerhalb dieser Gruppe müssen zunächst die Rollen und die Bedürfnisse für einen erfolgreichen Change geklärt sein. Neben der Frage nach Macht, Mitteln und Wille sollte auch beantwortet werden, wer das zu verändernde Thema treibt, wer noch an Bord benötigt wird und bei wem die Prozess- bzw. die Ergebnisverantwortung liegt. Für den einzelnen Change-Treiber ist es wichtig, den persönlichen Gestaltungsspielraum zu kennen und gleichzeitig auch den Punkt zu erkennen, an dem Unterstützer*innen benötigt werden, wenn Macht und Mittel nicht ausreichen.

 

Unser Tipp 1:

Finden Sie eine Methode der Visualisierung, die alle Change-Treiberinnen und -Treiber sichtbar macht und ins Verhältnis zueinander setzt. Hier ist eine externe Person hilfreich, die nicht Teil des Systems ist und durch Nachfragen dabei hilft, die unterschiedlichen Rollen objektiv herauszuarbeiten. Finden Sie Ihr Big Picture und denken Sie die Themen ganzheitlich.

 

Damit ist ein erster und ganz wichtiger Schritt getan, im nächsten muss das Team formiert werden. Im Idealfall haben Sie ein kleines Team mit unterschiedlichen Perspektiven und Kompetenzen. Um gemeinsam etwas zu bewirken, sollten diese Personen wissen, warum sie als Gruppe für den Veränderungsprozess unverzichtbar sind und was sie gemeinsam bewirken wollen.

 

Unser Tipp 2:

Holen Sie alle an einen Tisch, um in Form eines Workshops das Ziel zu erarbeiten und einen Blick auf die Stakeholder zu werfen (wen brauchen wir noch?). In diesem Kreis sollten auch Rollen geklärt und die Form der Zusammenarbeit besprochen werden. Brechen Sie die Ziele auf erreichbare Unterziele herunter, um die Motivation hochzuhalten und immer wieder Erfolge feiern zu können.

 

Auch hier ist es wirksam, mit einer externen und damit neutralen Person zu arbeiten. Sie kann dabei helfen, das Ziel im täglichen Tun nicht aus den Augen zu verlieren. Außerdem muss im Blick behalten werden, in welcher Beziehung die Beteiligten zueinanderstehen (gibt es Konkurrenzsituationen?), wer wie zu dem Vorhaben steht und was die einzelnen Personen an Unterstützung benötigen (inhaltlich, argumentativ, kommunikativ), um ihre Rolle auszufüllen.

 

Unser Tipp 3:

Gerade bei größeren Change-Prozessen kann es durchaus hilfreich sein, dass die einzelnen Beteiligten ihr eigenes „Warum“ (Blick zurück) oder auch ein „Wofür“ (Blick nach vorn) haben und erarbeiten. Denn das ist die Voraussetzung, um authentisch und glaubwürdig zu kommunizieren, andere abzuholen und mitzunehmen.

 

Kommen Sie als Team in dem Veränderungsprozesses immer wieder zusammen – wo gibt es erste Erfolge und wo muss nachjustiert werden? Was sind die nächsten Schritte? Hier sollten ebenso Ideen und Learnings geteilt werden, denn im täglichen Austausch mit den Mitarbeitenden wird sich zeigen, was funktioniert und was es noch braucht.

 

Unsere Erfahrung zeigt, dass diese Schritte in der Prozessorganisation als Reflektionshilfe gut funktionieren und davor schützen, dass viel Energie in überflüssigen Meetings und wenig zielführenden Aktivitäten verpufft.

 

Eine hohe Veränderungsenergie weniger Akteure kann einen großen Impact auf sehr viele haben. Denken Sie nur an Greta Thunberg, die mit ihrer beispiellosen Entrüstung das Umdenken sehr vieler Menschen und Institutionen initiiert hat. Heben und moderieren Sie die vorhandene Energie in Ihrem Unternehmen, um den nächsten Change mit dem nötigen Antrieb zu versorgen und zum Gelingen zu bringen.

 

 

[1] DxVxF>R, David Gleicher, D = Dissatisfaction with how things are now, V= Vision of what is possible, F = First steps towards vision, R = Resistance

 

Waldemar auf Unsplash