Solche Bewegungen sind für sich genommen kein Rückschritt. Sie zeigen, dass Organisationen auf neue Herausforderungen reagieren – mit Denk- und Handlungsmustern, die in diesem Moment auf sie stabiler wirken.
Diese Beobachtungen beschrieb schon Prof. Clare W. Graves, als er sich in den 70er-Jahren mit der menschlichen und auch organisationalen Entwicklung beschäftigt hat.
In der Organisations- und Kulturentwicklung, aber auch bei der Begleitung von Veränderungsprozessen, hilft das Graves-Modell dabei, Entwicklungen einzuordnen, Konflikte zu erkennen/verstehen und gezielt mit Bedürfnissen und Werten zu arbeiten.
Jedes Wertefeld wird benötigt
Das Graves-Modell beschreibt verschiedene Ebenen, auf denen Menschen, Teams und Organisationen unterschiedlich denken und handeln. Beginnend mit „Beige“ – hier geht es ums Überleben, und „Purpur“ (Wir oder die Anderen). Dann kommen Ebenen wie „Rot“ (Macht, Durchsetzung), „Blau“ (Ordnung, Regeln), „Orange“ (Leistung, Erfolg), „Grün“ (Gemeinschaft, Sinn) bis hin zu „Gelb“ und „Türkis“, wo systemisch und integrativ gedacht wird.
Zwar ist die Methode angeordnet wie ein oben und unten, doch das täuscht. Es gibt kein „besser“ oder „schlechter“. Jedes Feld bringt eigene Stärken und auch Risiken mit. In der eigenen Entwicklung geht es darum, ein Feld nach dem anderen zu durchlaufen, jedes hat seine Zeit. Das Militär bspw. braucht blaues Verhalten/ Strukturen/ Prozesse, um handlungsfähig zu sein. Viele Vertriebsorganisationen funktionieren Blau ebenfalls sehr gut. Innovationsentwicklung lebt von “Orange”. Gemeinschaftsorientierung funktioniert auf “Grün”.
Manchmal bewegen Systeme sich plötzlich in bereits durchlaufene Felder, bspw. von “Grün” auf “Blau”. Das ist häufig Ausdruck von Stress, Überforderung oder kultureller Reibung. Auch in der deutschen Politik ist das spürbar: Während einige auf Reform und Wandel drängen, klammern sich andere an alte Ordnungssysteme. Verständigung wird schwierig, wenn Denkmodelle nicht mehr zusammenpassen.
Zwei Felder Unterschied sind eines zu viel
Und genau da liegt die Sprengkraft: Wenn Menschen auf verschiedenen Feldern unterwegs sind, reden sie oft aneinander vorbei. Eine Differenz von zwei (oder mehr) Feldern reicht aus, damit es knirscht. Das passiert etwa, wenn eine Geschäftsführung auf “Blau” kommuniziert – klar, zahlengetrieben, mit Strukturen – und das Team in “Grün”/”Gelb” denkt – beteiligt, sinnorientiert, auf Augenhöhe. Die Themen stocken. Nicht, weil jemand nicht will, sondern weil die Denklogiken nicht zueinanderfinden und den Menschen unterschiedliche Themen wichtig sind.
Für Organisationen ist das ein echtes Risiko. Denn sie können nur dann erfolgreich arbeiten, wenn Aufgabe, Kultur und gelebte Ebene zusammenpassen. Wenn zu viele Denk- und Werteebenen zwischen Führung, Team und Struktur liegen, geht Energie verloren. Kommunikation verpufft. Im schlimmsten Fall scheitert Veränderung.

Was also tun?
Der erste Schritt: erkennen. Das Graves-Modell gibt Sprache und Struktur für das, was vorher diffus war. Wer versteht, wo ein Team/eine Organisation steht, und woraus Spannungen resultieren können, der kann gezielte Maßnahmen ergreifen.
Der zweite Schritt: bewusst handeln. Auf mehreren Ebenen. Führungskräfte brauchen Klarheit über ihre eigene Denk- und Werteebene, um situativ führen zu können. Kulturarbeit sollte anschlussfähig bleiben – statt einer Wunschkultur hinterherzurennen, lohnt der Blick auf das, was realistisch ist. Kommunikation wirkt nur dann, wenn sie zum jeweiligen Wertefeld passen – Ton, Format und Inhalt müssen stimmig sein. Und in Veränderungsprozessen zeigt sich besonders deutlich, wo Werte kollidieren. Hier wird das Graves-Modell zum Navigationssystem – für Kommunikation, Change und Organisationsentwicklung.
Am Ende geht es darum, fließende Übergänge zwischen den Werteebenen zu schaffen, anstatt gegen sie zu arbeiten. Wer das schafft, kann Veränderungsenergie nutzen, Orientierung geben und echte Entwicklung ermöglichen. Auch dann, wenn sie sich gerade nicht wie Fortschritt anfühlt.
Wenn Ihr Euch fragt, wo genau Eure Organisation gerade wirklich steht, wie Ihr Eure Werteentwicklung voranbringen könnt und welche Wege möglich sind: Kommt auf uns zu. Oder nutzt unsere Checkliste. Sie hilft, die aktuelle Wertewelt Eurer Organisation zu erkennen und erste Impulse für Führung, Kommunikation und Entwicklung abzuleiten.
👉 Jetzt downloaden und für die eigene Kulturarbeit anwenden.