Kennt Ihr den Satz: „Bloß keine Energie in die Verweigerer stecken“? Aber ist diese pauschale Aussage wirklich passend – auch für langfristige und umfassende Veränderungsprozesse? Gerade bei tiefgreifenden Veränderungen bleibt einer Gruppe aus lauten Verweigerern ja viel Zeit, um Kolleginnen und Kollegen negativ zu beeinflussen, positive Impulse zu sabotieren oder Aufbruchsstimmung zu dämpfen. Oft gehören Menschen dieser Gruppe zu den „Alteingesessenen“, die wissen „wie der Laden läuft“ – dies gibt ihnen im schlimmsten Fall eine gehörige Portion Einfluss. Selbst Führungskräfte sind nicht immer so veränderungsbereit, wie wir uns das wünschen würden, und damit dann auch manchmal nicht in der Lage, ihre Teams gegen Widerstände zu motivieren oder mitzunehmen.

 

Was steckt hinter der Verweigerung?

Unsere Empfehlung ist es, immer einen Blick auf die Gründe für Widerstände zu werfen, um so zu erkunden, ob und wie es uns gelingen kann, aus Widerständlern vielleicht sogar Unterstützer zu machen:

  • Angst vor dem Unbekannten: Während die Gegenwart klar beschreibbar scheint, ist die Zukunft nur zu erahnen. Wenn uns vertraute Abläufe und Umfelder genommen werden, entstehen bei den meisten Menschen Ängste und Sorgen, denn wir bevorzugen nun einmal bekannte Zustände. Wer ein stark ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis hat, wird große Energien entwickeln, um diese Sicherheit zu verteidigen.
  • Verlust von Kontrolle: Veränderung geht immer auch mit Phasen des Kontrollverlusts einher, die Aufgaben können sich ändern oder das Arbeitsumfeld. Um die Kontrolle zu behalten, scheint die Ablehnung zunächst als probates und einziges Mittel.
  • Mangel an Vertrauen: Wenn Vertrauen in die Führungskräfte, in die Sinnhaftigkeit der Veränderung oder in den Prozess fehlt, steigt der Widerstand.
  • Schlechte Erfahrungen: Frühere negative Erfahrungen mit Veränderungen können für Abwehr sorgen, um sich selbst und andere davor zu schützen.
  • Identitätsbedrohung: Veränderungen können als Bedrohung für die berufliche Identität und in der Folge auf den Selbstwert wahrgenommen werden.
  • Angst, zu versagen oder nicht zu genügen: Wer weiß schon genau, welche Skills nach dem Veränderungsprozess von uns gebraucht werden? Das sorgt für Unsicherheit und kann Menschen in den Widerstand bringen.

 

Individuelle Motive verstehen

Um gezielt auf Verweigerungshaltungen reagieren zu können, lohnt ein Blick auf die verschiedenen Ausprägungen von Grundbedürfnissen. Grundbedürfnisse sind der Ursprung unseres zentralen Motivationssystems, die Wurzel unserer Gefühle, Ausdruck unserer Werte und Überzeugungen. Die Erfüllung unserer Grundbedürfnisse ist deshalb so wichtig für unser Wohlbefinden. Werden sie nicht erfüllt, kommen wir schnell aus dem Gleichgewicht. Im Change sind die meisten unserer Grundbedürfnisse erschüttert. Nutzen Sie die für Sie passende Form der Mitarbeitenden-Befragung, um mehr über die psychologischen Hintergründe von Verweigerung zu erfahren:

  • Anonyme Umfragen: Anonyme Umfragen können ehrliches Feedback liefern und Hemmschwellen abbauen.
  • Gezielte Fragen stellen: Entwickeln Sie Fragen, die Ängste, Bedenken und Vorschläge der Mitarbeitenden ermitteln.
  • Einzel- und Gruppengespräche: Offene Dialoge: Führen Sie offene und ehrliche Gespräche mit den Mitarbeitenden, um ihre individuellen Perspektiven zu verstehen.
  • Fokusgruppen: Der Austausch in und mit Fokusgruppen bietet tiefergehende Einblicke in die Meinungen und Gefühle der Mitarbeitenden.
  • Betreiben Sie Prozess- und nicht nur Ergebniskommunikation: So gelingt es Ihnen, immer wieder (positive) Impulse zu setzen und über nächste Schritte aufzuklären.

Auch die Analysen Ihrer Kommunikationskanäle liefern wertvolle Hinweise. Aus den Rückmeldungen können Sie wiederkehrende Themen und Sorgen identifizieren.

Insbesondere bei den Führungskräften, den wichtigsten Multiplikator*innen im Change, lohnen sich individuelle Persönlichkeitstests, um Widerstände besser zu verstehen. Zudem hilft das Wissen um persönliche Motive den Führungskräften, ihre eigene Stabilität zu erhalten und aus dieser Stärke heraus für Stabilität im Team sorgen zu können.

Aus den Grundbedürfnissen ergeben sich Motive unterschiedlicher Ausprägung, aus denen heraus wir denken, handeln und fühlen. So kann für die einen die Unabhängigkeit das wichtigste Motiv sein, durch das sie Selbstwirksamkeit erfahren. Für andere ist Ordnung etwas, das ihnen Orientierung und Sicherheit gibt. Manche brauchen anerkennende Worte für das Gefühl dazuzugehören, für die andere ist Geborgenheit in der Familie völlig ausreichend, um ihr Bedürfnis nach Bindung auszufüllen.

Wir arbeiten in der Beratung mit den Luxx/Reiss-Profilen und stellen Sie Ihnen gerne in einem Termin vor.

Die 16 Lebensmotive nach Steven Reiss sind hilfreiche Begleiter im Change. Das ​
Reiss-Modell wurde an der Universität Luxemburg weiterentwickelt und ist heute unter dem Namen ​„Luxx-Profil“ bekannt.​ Eine kostenfreie Übersicht und einen „Schnelltest“ zur Selbsteinschätzung gibt es hier zum Download. Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Analyse haben oder das Modell in Ihrem Veränderungsprozess oder im Rahmen Ihres Teambuilding-Prozesses einsetzen möchten.

Kommunikationsstrategien zur gezielten Reaktion auf Verweigerungshaltungen

Der universelle Charakter der Grundbedürfnisse macht sie für die Kommunikation besonders wertvoll, um bedarfsgerecht zu formulieren und damit voll wirksam zu werden. Wir alle sind permanent damit beschäftigt, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Das erfordert in den verschiedenen Lebensphasen und Tagesformen mal mehr, mal weniger Anstrengung.

Bei der Kommunikation gilt grundsätzlich, dass für jede*n etwas dabei sein sollte, also dass die wichtigsten Bedürfnisse aller in irgendeiner Form adressiert werden.

  1. Klare Kommunikation: Bieten Sie klare und präzise Informationen über die Gründe und den Sinn der anstehenden Veränderungen. Gehen Sie in der Umsetzung moderat in überschaubaren Schritten vor, um die Anpassung zu erleichtern. So reduzieren Sie die Angst vor dem Unbekannten.
  2. Partizipation ermöglichen: Binden Sie die Mitarbeitenden aktiv in den Veränderungsprozess ein, um die Selbstwirksamkeit und damit das Gefühl der Kontrolle zu stärken. Mit Entscheidungsspielräumen oder gar -freiräumen sprechen Sie das Bedürfnis nach Autonomie an.
  3. Transparenz fördern: Seien Sie transparent in Ihren Absichten und Entscheidungen, um Vertrauen zu schaffen. Indem Sie persönliche Beziehungen pflegen, bekommen Sie einerseits Rückmeldungen zum Prozess und zur Stimmung, andererseits haben Sie die Gelegenheit echtes Interesse am Wohl und and er Meinung von Mitarbeitenden – auch das baut Vertrauen auf.
  4. Wertschätzung ausdrücken: Schätzen und erkennen Sie die bisherigen Leistungen und Rollen der Mitarbeitenden an. Müssen neue Rollen definiert und besetzt werden, sollten Sie sie mit HR darin unterstützen, ihre neuen Rollen und Identitäten im veränderten Umfeld zu finden und ausfüllen zu können.
  5. Trainings und Seminare sorgen für den Aufbau von Wissen. Gerade in Veränderungen nehmen Sie damit die Angst, neuen Aufgaben nicht gewachsen zu sein und stärken ebenfalls die Selbstwirksamkeit.

Negative Stimmungen und Abwehr kann jede Veränderung sabotieren. Deshalb lohnt es sich, ihr kommunikativ zu begegnen – die Tools und Methoden sind da und sie sind gut einsetzbar. Wer die Mühe scheut, sollte bedenken, dass jede Analyse der internen Zielgruppen auch immer ein Invest in allgemeine Kommunikationsstrategien sind. Wer seine Zielgruppen kennt, ist nicht nur im Change wirksamer, sondern auch darüber hinaus.

Das Riemann-Thomann-Modell eignet sich gut für Führungskräfte, die mehr über ihre eigenen, aber auch über die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden lernen wollen. Eine kostenfreie Übersicht gibt es hier zum Download.